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Wie Kamenzer Sensoren weltweit für Sicherheit sorgen

Uwe Schleichert ist seit zehn Jahren Geschäftsführer der Velomat Messelektronik in Kamenz. Sensoren, die 
hier hergestellt werden, sorgen zum Beispiel in Aufzügen für Sicherheit. © René Plaul

Wie Kamenzer Sensoren weltweit für Sicherheit sorgen

Ob Kran oder Aufzug – der Messelektronik-Spezialist Velomat liefert Technik, die vor
Unfällen schützt. Die gute Auftragslage stellt ihn aber auch vor ein Problem.

Kamenz. Vor über zehn Jahren revolutionierte die Kamenzer Elektronik-Firma Velomat Nordic-Walking-Stöcke mit Sensoren – um Bewegungsabläufe zu analysieren. Inzwischen hat sich das Unternehmen für Messelektronik erweitert – und viele neue Projekte. Geschäftsführer Uwe Schleichert steht auf der Baustelle neben dem Eingang. Dort baggern die Tiefbauer Gräben für die künftigen Wände des Erweiterungsgebäudes mit einem neuen Foyer: „Nach rechts geht es dann in die Produktion, nach links in die Verwaltung“, erklärt Uwe Schleichert.

Velomat erweitert seit 2012 nun schon zum zweiten Mal. Damals wurde eine neue Produktionshalle angebaut. Seitdem habe sich das Unternehmen gut entwickelt: „Wir haben inzwischen mehrfach hintereinander das beste Jahr der Unternehmensgeschichte geschrieben und jetzt wieder Platzmangel“, sagt der Chef. Von einer Corona-Krise könne zumindest in seiner Branche keine Rede sein. Man habe mehr Anfragen als man abarbeiten könne.

Bald mehr Platz für die Produktion

In den Neubau werden Geschäftsleitung, Personalabteilung, Einkauf und Vertrieb umziehen. Dafür würden um die 400 Quadratmeter für Produktion und Entwicklung und neue Projekte frei. Arbeitsprozesse sollen automatisiert und die Produktionsplanung effektiver werden. Etwa eine Million Euro investiert Velomat nach eigenen Angaben in die Standorterweiterung.
So ist aus Velomat inzwischen die Velomat-Group GmbH geworden. Vier Firmen versammeln sich um die Kamenzer Messtechnik –
wurden aufgekauft oder gegründet und sind nun unter dem Dach der Gruppe vereint. Damit können die Kamenzer
Messelektroniker ihr Sortiment komplettieren.
So liefert zum Beispiel die Bach Messtechnik aus Mönchengladbach Sensoren, die Schwingungen bestimmen können. Die
Rostocker Firma FORTecH entwickelt eigene Software unter dem Velomat-Dach.

Suche nach Personal ist schwierig

Herzstück bleiben aber die Messelektronik und Kraftmesstechnik aus der Lessingstadt, sagt Schleichert. Für die sei die Auftragslage gut. Sowohl in der Fertigung als auch in der Entwicklung und im Vertrieb mangele es aber an Personal. Deshalb müsse sich das Unternehmen auch auf Zeitarbeiter stützen. Es koste allerdings viel Mühe, die Leute anzulernen. „Wir setzen auf festangestellte Mitarbeiter”, sagt Uwe Schleichert. Das sei aber trotz intensiver Bemühungen schwierig. 40 Beschäftigte habe man derzeit in Kamenz. Die Mannschaft könnte auch aufgrund der laufenden Investitionen auf etwa 50 steigen.

Simone Wolf ist Mitarbeiterin bei Velomat in Kamenz. Hier transportiert sie die Sensortechnik zum  nächsten Verarbeitungsschritt. © René Plaul

Simone Wolf ist Mitarbeiterin bei Velomat in Kamenz. Hier transportiert sie die Sensortechnik zum
nächsten Verarbeitungsschritt. © René Plaul

Eine Handvoll Leute hatte das Unternehmen vor 30 Jahren gegründet. Er selbst, so Uwe Schleichert, sei 2011 dazu gekommen. Als Ingenieur für Elektrotechnik genau der richtige Mann. Kamenz war ihm damals nicht neu, denn Uwe Schleichert war hier Jahre zuvor in der Batteriebranche tätig.
Als Velomat-Gründer Reinald Wunderwald in den Ruhestand ging, übernahm der gebürtige Fuldaer das Ruder und ist nach vielen Stationen in der Vergangenheit – von Stuttgart bis Lintfort in Nordrhein-Westfalen – nun hier in der Region hängengeblieben: „Hier habe ich meine Frau, Freunde, Vereine.“ Er habe die Entscheidung nie bereut: „Ich fühle mich wohl und komme mit den Sachsen gut zurecht, und es geht bergauf mit Velomat.

Hier wird erweitert: Velomatchef Uwe Schleichert erklärt, wie der Neubau angelegt wird. © René  Plaul

Hier wird erweitert: Velomatchef Uwe Schleichert erklärt, wie der Neubau angelegt wird. © René
Plaul

Handelsvertretungen hat das Unternehmen von Hongkong bis Griechenland: “Wir liefern wirklich auf alle Kontinente in fast alle Länder.” Das Hauptgeschäft ist Sensortechnik für Aufzüge und Kräne, die diese vor Überlastung und damit letztlich auch Menschenleben schützt. Wer irgendwo in einen Lift steigt, hat also die Chance, Messtechnik aus Kamenz zu begegnen. Sind zu viele Leute in der Kabine, dann stoppt die Technik. Die Sensoren würden extrem empfindlich auf Zugkräfte reagieren, erklärt Schleichert.
Sie könnten Messwerte im Bereich von Millionstel Millimetern liefern und Gefahren signalisieren.
Etwa 10.000 Sensorsysteme liefere Velomat im Jahr aus. Die Sensoren, elektronische Baugruppen und Mess-Systeme würden in
Manufakturarbeit hergestellt. Das sichere Qualität, sagt der Chef, aber der Aufwand sei hoch und die Arbeit filigran. Männer mit großen Händen seien da nicht so gefragt, sagt der Chef und schmunzelt. Zehn Jahre sollten die Produkte unter größter Belastung halten.

Kamenzer entwickeln einen speziellen Schuh

„Die Technik kommt eigentlich überall zum Einsatz, wo Kraft gemessen wird“, erklärt der Geschäftsführer. Dazu gehört auch der medizinische Bereich, wie die Orthopädietechnik: „So können Fußdruck-Kräfte gemessen und Rückschlüsse auf die Körperhaltung gezogen werden“, erklärt Schleichert. Aus der Kamenzer Ideenschmiede kommt auch ein Joystick für OP-Tische. Damit lasse sich der Tisch genau justieren, damit der Patient optimal liegt.
Derzeit entwickle das Unternehmen einen Schuh für die Reha-Branche. Der misst den Druck auf den Boden. Nach Knochenbrüchen könne die Technik beim Patienten sicherstellen, dass die Gliedmaßen optimal belastet werden.
Inzwischen 65, denkt der Chef aber noch nicht an den Ruhestand. Er habe noch einiges vor. Außerdem ist die Nachfolge zu sichern. Dafür will er jetzt schrittweise den Sohn – ebenfalls Ingenieur – einarbeiten.